Focus: „Carmen Thomas fühlt mit Waldi: ‚Diese Häme kenne ich'“

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Den Spott, der aktuell Waldi Hartmann widerfährt, kennt Carmen Thomas nur zu gut. Dass sie 1973 im ZDF- „Sportstudio“ einmal „Schalke 05“ sagte, ist bis heute unvergessen. Im FOCUS-Online-Interview spricht sie Waldi ihr Mitgefühl aus und weiß: „Das bleibt immer hängen.“ Sie war die erste weibliche Moderatorin einer Sportsendung im deutschen Fernsehen. Ein kleiner Versprecher hängt ihr seit nunmehr 40 Jahren nach: 1973 machte Carmen Thomas im „Aktuellen Sportstudio“ aus Schalke

04 „Schalke 05“. Wie Waldi Hartmann sich nach seinem WM-Patzer als Telefonjoker bei „Wer wird Millionär?“ fühlt, kann also kaum jemand so gut nachvollziehen wie sie. FOCUS Online sprach mit der 67-Jährigen, die heute die „Moderationsakademie für Medien und Wirtschaft“ leitet. Und sie macht Waldi Mut.

FOCUS Online: Frau Thomas, Sie waren einmal in einer ähnlichen Situation wie Waldi Hartmann. Haben Sie Mitleid?

Carmen Thomas: Ich habe großes Mitgefühl. Denn diese Häme kenne ich ja prima. Bei ihm ist es eine etwas andere Qualität. Bei mir ging es nicht um eine Wissensfrage, sondern um einen Satz mit einer 5, bei dem danach noch mal die 5 hängen geblieben ist. Das war leicht als Versprecher zu dekodieren. Bei ihm hat sicher der Druck in dieser Situation dazu geführt, dass so einem versierten und kenntnisreichen Kollegen so etwas unterlaufen ist.

FOCUS Online: Glauben Sie, so ein Patzer bleibt hängen?

Carmen Thomas: Das bleibt immer hängen. Weil das so ein Vergnügen macht, ihn damit in seiner Kapazität etwas handlicher zu machen. Es ist ja etwas Unglaubliches, wenn Sie sich vorstellen, dass ich das vor 40 Jahren gesagt habe. Welche Haltbarkeit so etwas hat ist. Das wird ihm jetzt sicher auch passieren. Das hat übrigens auch dazu geführt, dass ich so viele Bücher geschrieben habe. Denn ich habe gemerkt: Nur wer schreibt, bleibt. Man kann noch so tolle Sendungen machen, die bleiben nur hängen, solange es Leute gibt, die sie selbst gehört oder gesehen haben. Ich habe das „Sportstudio“ noch anderthalb Jahre weitermoderiert. Aber die Lüge hält sich bis heute, dass ich damals nach dem Versprecher raus gewesen wäre.

FOCUS Online: Erinnern Sie sich noch daran, wie Sie sich gefühlt haben nach diesem Versprecher?

Carmen Thomas: Ich habe das gar nicht richtig mitgekriegt. Ich fand das ja auch völlig unbedeutend. Wenn ich nicht gewusst hätte, wie die heißen, wäre das etwas anderes gewesen. Aber da ich ja wusste, dass es ein Versprecher war, war das für mich überhaupt kein Problem. In meiner Karriere hat es mir dann aber sogar genutzt, denn ich habe ja schon vor 30 Jahren angefangen, Leute zu coachen. Und meine Glaubwürdigkeit ist dadurch gestiegen, dass ich so eine Pressekampagne, die ja dann los brach, nicht nur überstanden habe, sondern mir das auch genutzt hat.

FOCUS Online: Würden Sie sagen, dass Fußballpatzer doppelt schlimm sind?
Carmen Thomas: Dreifach schlimm. Denn das berührt irgendeine archaische Seite der Menschen.

Quelle: FOCUS Online

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Siehe auch: Abendblatt

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